Rome with no Baedeker?

von Anna Dorothea Schneider

Es begann 1832 mit einer „Rheinreise von Mainz bis Cöln“. Dieses „Handbuch für Schnellreisende“ war der erste Reiseführer, den Karl Baedeker verlegte. Schon bald wurden die Bände in rotem Leinen mit Goldschrift zum Synonym für Reiseführer schlechthin. 1861 erschien der erste Baedeker auf Englisch, der wiederum den Rhein zum Thema hatte. Baedeker wurde sprichwörtlich bis in die Operetten von Jacques Offenbach: „Könige und Regierungen mögen sich irren, der Baedeker aber irrt nie!“ So heißt es in „La Vie Parisienne“. Noch schöner klingt das in der englischen Übersetzung des Librettos: „Kings and governments may err but never Mr. Baedeker.“

Im zweiten Kapitel von Edward Morgan Forsters Roman A Room With a View/Zimmer mit Aussicht (1908), das die Überschrift „In Santa Croce with no Baedeker“ trägt, lockt eine abenteuerlustige englische Dame die junge Heldin mit den Worten: „Tut, tut! Miss Lucy! I hope we shall soon emancipate you from Baedeker. He does but touch the surface of things. As to the true Italy — he does not even dream of it. The true Italy is only to be found by patient observation.“ Das „wahre, echte“ Italien liegt außerhalb von Baedekers sicheren Tipps. Das erlebt Lucy, die Heldin in Forsters Roman genauso wie Jane Chatterton, die ebenfalls lieber ihre eigenen Erfahrungen sammelt. Auch Karl May spottete über die Baedeker-Touristen, obwohl er den Reiseführer selbst gern benutzte. Jules Verne dagegen wies in seinen Romanen wiederholt auf den pragmatischen Wert der Baedeker-Bände hin. Andreas Fehrmann schreibt dazu auf seiner Jules Verne-Seite (http://www.j-verne.de): „Er konnte auf Grund seines eigenen Schaffens den Aufwand und die Akribie anderer Autoren einschätzen.“ Diese Akribie ist heute von großem historischem Wert, und die detaillierten, genauen Karten im Anhang des Baedekers ermöglichen der Adressatin von Janes Briefen immerhin, die Streifzüge ihrer Freundin wenigstens topografisch nachzuvollziehen.

Wir haben lange nach einem Rom-Baedeker aus den Jahren 1904/1905 gesucht. Anfragen bei ortsansässigen Antiquaren verliefen im Sand. 2015 machten wir auf einer Fahrt nach Nordhessen in Marburg Halt. Der Aufzug in die Oberstadt entläßt seine Fahrgäste in die Elwert-Passage. Und genau am Ende dieser Passage, wo der Verlag und das Antiquariat Elwert sein Schaufenster hat, lag er, der rote Band „Baedeker’s Central Italy“. Doch leider war Sonntag und der Laden nicht geöffnet. Also machten wir auf der Rückfahrt nochmals Station in Marburg. Das Buch lag noch im Schaufenster. Wie sich herausstellte, war es genau die Ausgabe von 1904.

Ein Kommentar zu „Rome with no Baedeker?

  1. Re: 9-UHR-T-TANZ

    Dr. Holger,

    I hope this finds you well.
    Please respond.

    David Kwan Shon
    Chiang Mai, Thailand

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