Sind Selbstverleger Scharlatane? – von Anna-Dorothea Schneider

Diese Frage stellt sich, wenn man sieht, wie etablierte Medien und Buchhandlungen mit solchen Menschen umgehen. Dabei haben etliche Dichter und Schriftsteller als Selbstverleger angefangen oder Werke, die die Verleger nicht drucken wollten eben selbst drucken lassen. So ging es etwa mit Frank Wedekinds Frühlings Erwachen, Heinrich Schliemanns Reise durch China und Japan im Jahre 1865, Marcel Prousts erstem Band von Auf der Suche nach der verlorenen Zeitund etlichen anderen Werken.

Von den Vorurteilen, die in manchen Fällen durchaus berechtigt sein mögen, in vielen aber nicht (daher sollte man immer genau hinschauen), greife ich hier nur zwei heraus. VORURTEIL EINS: Die Bücher von Selbstverlegern sind schlechter gemacht. FAKT ist, dass viele Bücher aus angesehenen Verlagen reichlich Fehler enthalten, ob orthographisch, grammatisch, stilistisch oder inhaltlich-sachlich. Gute Lektoren kosten eben Geld, das man gern sparen will. VORURTEIL ZWEI: Die Autoren, die im Selbstverlag veröffentlichen, sind weniger kompetent. FAKT ist, wer im Selbstverlag veröffentlicht, hat oft weniger Beziehungen zu einflußreichen Kreisen und ist weniger bekannt. Das heißt jedoch nicht, dass diese Menschen weniger können oder weniger zu sagen hätten als die medial gehypten Zelebritäten. Eher im Gegenteil.

Ja, auch ich bin Selbstverlegerin. Ich habe jahrzehntelang mit Druckerzeugnissen zu tun gehabt, habe Korrektorat, Lektorat, Layout gemacht, bin promovierte Amerikanistin und Literaturwissenschaftlerin, und dennoch beäugen selbst Bekannte und Freunde meine Bücher mit Mißtrauen oder Mitleid, als ob ich eine Amateurin sei und kaufen dann lieber doch die Bücher, die in den Buchhandlungen die größten Stapel haben und die von der Werbung allseits gepusht werden. Gegen diesen starken Herdentrieb kämpft selbst der beste Autor vergebens. Die meisten Selbstverleger verfügen nun mal nicht über einen entsprechenden Werbeetat um da mithalten zu können.

Sie finden übrigens meine Bücher, wenn Sie in der Suchmaschine „Anna-Dorothea Schneider epubli“ eintippen.

(Bildausschnitt aus Pietro Longhis Gemälde „Il Ciarlatano“, Der Scharlatan von 1757)

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